Drei Jahre lang hat die Weltgemeinschaft so getan, als würde sie das Problem des globalen Plastikmülls an der Wurzel packen. Drei Jahre lang gab es Sitzungen, Flüge und Hochglanz-Pressemitteilungen – und jetzt? Ein Trümmerhaufen aus Phrasen und leeren Absichtserklärungen ist alles, was bleibt. Das große UN-Abkommen gegen Plastikmüll ist offiziell gescheitert. Nicht versehentlich. Nicht tragisch, sondern vorsätzlich.
Genf – wo Hoffnungen sterben
Die letzte Verhandlungsrunde in Genf endete, wie von vielen Umweltaktivisten befürchtet, ohne verbindliche Reduktionsziele, ohne klare Produktionsgrenzen für neuartige Kunststoffe und ohne jegliche rechtlich durchsetzbare Verpflichtung.
Warum? Weil eine Allianz aus Ölstaaten und der US-Delegation jede ambitionierte Formulierung blockierte. Stattdessen gab es die immer gleiche Leier: „Mehr Recycling“ und „freiwillige Maßnahmen“. Das ist, als würde die Tabakindustrie Lungenkrebs mit „freiwilligen Nichtraucherpausen“ bekämpfen.
Lobbyisten am längeren Hebel
In den Verhandlungssälen waren die lautesten Stimmen nicht die der Wissenschaft, nicht die der von den Folgen des Klimawandels betroffenen Küstengemeinden und nicht die der jungen Generation, sondern die der Erdölchemie-Lobby.
Während Delegierte kleiner Inselstaaten um ihre Lebensgrundlage kämpften, zählten Ölkonzerne ihre künftigen Gewinne. Die größte Delegation in Genf trug kein grünes Namensschild, sondern einen Anstecker der Industrie.
Der Konsens als Waffe
Das Konsensprinzip der UN – eigentlich dazu gedacht, allen eine Stimme zu geben – hat sich als perfekte Blockadewaffe erwiesen. Nur wenige Länder konnten den gesamten Prozess lahmlegen. Eine globale Plastikreduktion? „Nicht mit uns”, sagten die USA, Saudi-Arabien, Russland und andere. Und so wurde aus einem historischen Moment eine historische Farce.
Die Verlierer
- Die Umwelt: Sie wird weiterhin mit jährlich über 350 Millionen Tonnen Plastik verseucht, von denen ein Großteil niemals recycelt wird.
- Die Wissenschaft: Überhört oder instrumentalisiert, wenn es politisch passt.
- Die globale Gerechtigkeit: Entwicklungsländer wurden mit leeren Versprechen abgespeist, technische Hilfe und Finanzierung blieben Nebensache.
Das bittere Fazit
Dieses Abkommen ist nicht zufällig gescheitert, es wurde sabotiert – offen, systematisch und ohne Scham. Wer in diesem Zusammenhang noch von einer „diplomatischen Enttäuschung“ spricht, verkennt die Lage. Wir haben kein Zeitproblem. Wir haben ein Machtproblem. Solange die erdölchemische Industrie die Agenda mitschreibt, wird jede UN-Konferenz zu einem Greenwashing-Festival.
Was bleibt? Mikroplastik in unseren Körpern, Plastikinseln im Meer und die Erkenntnis, dass wir nicht auf diese diplomatische Bühne warten können. Der Wandel muss von unten kommen: laut, unbequem und unnachgiebig.
„Während wir reden, erstickt der Planet. Und manche verdienen sich daran dumm und dämlich.“
Lorenzo
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Nicht viel dazu beizutragen, nur das eine:
Chris Jordan, running the numbers.
Vor fast 20 Jahren visualisierte er große Zahlen (in Sachen Umwelt).
Man muß 350 Mio Tonnen mal s e h e n.
Ändern tut das aber dennoch nichts. Nichts erschreckt heutzutage noch intensiv – und nachhaltig.
Hallo Gerhard,
vielen Dank für deinen Kommentar und den Hinweis auf Chris Jordan. Seine Visualisierungen sind in der Tat beeindruckend und verdeutlichen die enormen Mengen Plastikmüll, die wir produzieren. Es ist erschreckend, wie sehr wir uns an diese Zahlen gewöhnt haben. Das zeigt, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen.
Ich verstehe deinen Punkt, dass viele Menschen von den Zahlen nicht mehr erschreckt werden. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Vielleicht liegt der Schlüssel darin, neben den Zahlen auch konkrete Lösungen und Handlungsansätze zu präsentieren, die jeder Einzelne umsetzen kann.
Welche Maßnahmen denkst du, könnten helfen, das Bewusstsein und die Motivation zur Veränderung zu steigern? Ich freue mich auf deine Gedanken!
Lorenzo
Vor etwa 20 ,25 Jahren gab es mal den zaghaften Versuch, Schokolade nur allein in Pappe zu verkaufen. Das war nur ein kurzer Versuch. Vielleicht sollte man es erneut versuchen.
Aber: Das mit dem Recycling ist wohl der einzige echte Hebel. Ich versteh nicht, wieso es da keine Lösungen gibt. Ich meine, für alles gibt es mittlerweile Lösungen.
Was das Mikroplastik anbelangt, das wird noch echte Probleme bereiten!
Insekten reinigen sich permanent, weil in ihrer Welt Partikel aller Art anfallen, die die wichtigen Funktionen zukleistern.
Ich muß sagen, daß es wohl für Plastik keine Lösung geben wird, es sei denn technische Innovationen wachsen wie Pilze aus dem Boden.
Wir haben uns in eine Ecke hineinmanövriert, in der sich einst Affen befanden, deren Umwelt sich drastisch veränderte. Da standen sie „plötzlich blank in der Savanne“.
Lieber Gerhard,
vielen Dank für deinen Kommentar und die interessanten Gedanken! Du hast recht, der Versuch, Schokolade in Pappe zu verpacken, war ein mutiger Schritt, der jedoch nicht von Dauer war. Das zeigt, wie schwierig es ist, Verbraucher und Hersteller von der Notwendigkeit nachhaltiger Verpackungen zu überzeugen. Vielleicht ist es an der Zeit, solche Ideen erneut zu prüfen und innovative Ansätze zu entwickeln.
Was das Recycling betrifft, stimme ich dir zu: Es ist ein entscheidender Hebel im Kampf gegen Plastikmüll. Die Technologien sind zwar vorhanden, doch die Umsetzung und die Infrastruktur sind oft unzureichend. Es gibt einige vielversprechende Entwicklungen, die jedoch breiter angewendet werden müssen, um einen echten Unterschied zu machen.
Deine Bedenken hinsichtlich Mikroplastik sind ebenfalls sehr berechtigt. Die Auswirkungen auf Insekten und andere Lebewesen sind alarmierend und könnten langfristig auch unsere Ökosysteme gefährden. Es ist wichtig, dass wir diese Probleme ernst nehmen und Lösungen finden, bevor es zu spät ist.
Ich teile deine Skepsis, dass es eine einfache Lösung für das Plastikproblem geben wird. Technologische Innovationen sind notwendig, aber auch ein Umdenken in der Gesellschaft und in der Wirtschaft. Wir müssen gemeinsam an einem nachhaltigen Ansatz arbeiten, um nicht in die „Ecke” zu geraten, die du mit der Affenmetapher beschreibst.
Ich freue mich auf weitere Diskussionen zu diesem wichtigen Thema!
Grüße, Lorenzo
Ich sehe Ansatzpunkte im individuellen Konsumverhalten, aber auch in der Politik. Wie du schreibst, der Einfluss der Fossil-Lobby muss aufhören. Und gleichzeitig können wir nicht verlangen, dass die Politiker:innen Plastikverpackungen drastisch reduzieren, wenn wir gleichzeitig so massiv in Plastik verpackte Produkte kaufen. Das sind widersprüchliche Botschaften.
und dann kommt ja noch das Mikroplastik dazu, das wir mit Kosmetikprodukten kaufen. Und die Fast-Fashion-Kleidungsstücke aus Synthetikfasern. Meiner Meinung nach ist es am sinnvollsten, gleichzeitig den eigenen Konsum zu hinterfragen und Politiker:innen immer wieder auf die Füße zu treten. Und auch entsprechend zu wählen.
Liebe Angela,
vielen Dank für deinen durchdachten und nuancierten Kommentar zu meinem Blogbeitrag. Du hast absolut Recht: Die Bekämpfung der Plastikkrise erfordert ein Zusammenspiel von individuellem Bewusstsein und systemischen Veränderungen. Der Punkt mit den widersprüchlichen Botschaften ist sehr treffend: Wir können nicht von Politiker:innen eine konsequente Reduktion von Plastikverpackungen fordern, wenn wir als Verbraucher:innen gleichzeitig massenhaft in Plastik verpackte Produkte kaufen.
Dein Ansatz, den eigenen Konsum kritisch zu hinterfragen und politischen Druck auszuüben, ist genau richtig. Mikroplastik in Kosmetikprodukten und Synthetikfasern in Fast-Fashion-Kleidung sind zusätzliche Herausforderungen, die wir aktiv angehen müssen. Die Fossil-Lobby wird nur dann Veränderungen akzeptieren, wenn wir als Gesellschaft sowohl durch unser Kaufverhalten als auch durch politisches Engagement Druck aufbauen.
Ich bin völlig bei dir: Wir brauchen eine Kombination aus persönlicher Verantwortung und politischer Aktivität. Konkret bedeutet das, bewusst Produkte ohne oder mit minimaler Plastikverpackung zu wählen, Kosmetik ohne Mikroplastik zu kaufen und bei Wahlen Parteien zu unterstützen, die sich ernsthaft für Umweltschutz und Plastikreduzierung einsetzen.
Herzlichen Dank für deinen wertvollen Beitrag und deine konstruktive Perspektive!
Grüße, Lorenzo