In den letzten Jahren haben fast alle großen Supermarktketten eigene Apps auf den Markt gebracht. Ob REWE, Edeka, Lidl oder Aldi – die Versprechen sind stets ähnlich: exklusive Rabatte, personalisierte Angebote, digitale Einkaufslisten und kontaktloses Bezahlen. Was sich auf den ersten Blick nach einem Fortschritt für die Verbraucher anhört, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen jedoch oft als clever verpacktes Geschäftsmodell mit fragwürdigen Nebenwirkungen.
Datenschutz – Ein Preis, den man mit persönlichen Daten zahlt
Supermarkt-Apps sind nicht nur praktische Einkaufshelfer, sondern auch gefährliche Datenkraken. Sie erfassen, wann und wo wir einkaufen, welche Produkte wir kaufen, wie viel wir dafür ausgeben und welche wir regelmäßig kaufen bzw. meiden. Diese Daten sind bares Geld wert, denn sie ermöglichen es den Konzernen, präzise Kundenprofile zu erstellen und diese für gezielte Werbung oder strategische Entscheidungen zu nutzen. Wer Rabattcoupons bekommt und wer nicht, ist schon lange keine Frage des Zufalls mehr.
Viele Apps verlangen bei der Registrierung den vollständigen Namen, die E-Mail-Adresse und oft auch die Postleitzahl. Einige wollen Zugriff auf den Standort oder sogar auf die Kamera. Und natürlich sind die AGB – wenn sie denn gelesen werden – voll von Formulierungen, die es den Anbietern erlauben, Daten mit „Partnerunternehmen“ zu teilen.
Kundenbindung durch künstliche Exklusivität
Ein weiteres Problem ist die „App-only“-Politik vieler Supermärkte. Rabatte gibt es oft nur noch digital. Wer kein Smartphone besitzt, auf Datenschutz achtet oder schlichtweg keine Lust auf das ganze App-Gedöns hat, muss den vollen Preis zahlen. Dadurch entsteht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Konsumenten: Die einen profitieren von niedrigeren Preisen, die anderen werden zur Kasse gebeten – nicht aufgrund ihres Konsumverhaltens, sondern aufgrund ihrer Technikaffinität oder ihrer digitalen Prinzipien.
Technische Hürden und schlechte Benutzerfreundlichkeit
Hinzu kommen technische Probleme. Viele Apps sind schlecht programmiert, überladen oder funktionieren nicht zuverlässig. Das Einlösen von Coupons kann daher zur Geduldsprobe werden, besonders wenn das Mobilfunknetz im Laden schwach ist oder das Kassensystem nicht mitspielt. Die Folge ist, dass wir genervt sind und minutenlang unser Smartphone malträtieren, um eine Ersparnis von 50 Cent zu erzielen. Das Ergebnis ist Frust an der Kasse.
Fazit – Mehr Kontrolle als Komfort
Supermarkt-Apps sind nicht nur ein Service für uns, sondern auch ein Instrument zur Kundenbindung und Datenerhebung. Während sie auf der Oberfläche Bequemlichkeit und Ersparnis versprechen, zahlen wir Nutzer:innen letztlich mit etwas Wertvollerem: unserer Privatsphäre und der Freiheit, ohne digitale Fußfessel einzukaufen.
Natürlich kann jeder selbst entscheiden, ob er diese Apps nutzen möchte. Doch eines sollte klar sein: Die Entwicklung geht nicht nur in Richtung digitaler Bequemlichkeit, sondern auch in Richtung subtiler Überwachung und Kontrolle. Und das sollte man – trotz Rabattversprechen – nicht einfach hinnehmen.
Grüße, Lorenzo
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Darüber wollte ich auch schon mal bloggen – danke dafür.
Ja, im Endeffekt geht es um Daten und damit Kontrolle. Mit einigen Begünstigungen werden diese erkauft und ermöglichen somit ein komplettes Einkaufsprofil für den Handel.
Ja, genau, Norbert, so ist es!
Als jemand, der 25 Jahre im Handel an der Kasse gearbeitet hat, könnte ich mich über das Thema ewig auslassen.
Natürlich sacken diese Apps Daten ein, natürlich gibt es Leute, die mit der Bedienung Schwierigkeiten haben, natürlich hat nicht jeder ein Smartphone.
Natürlich darf man sich darüber aufregen und ärgern. Aber niemand wird zu diesen Apps gezwungen. Das Problem ist dann halt, viele wollen ihre Daten zwar nicht abgeben, ein Smartphone kaufen oder sich mit der Bedienung befassen, aber die Vorteile der Apps, die möchten sie trotzdem. Wehe, es gibt den Joghurt 20 Cent günstiger, aber nur mit App.
Wenn man all das nicht möchte, dann sollte man das mit den Apps halt lassen und akzeptieren, dass man eben keine Vorteile davon genießen kann. Es ist halt nicht alles für alle.
Sehe ich etwas diffiziler:
Rabatte über Apps führen zu Benachteiligung (nicht jeder hat ein Smartphone, kann sich eines leisten, kann eines bedienen), siehe auch Altersdiskriminierung, aber auch zu einem Zwang, gerade für einkommensschwache Menschen.
Es ist also nicht richtig, dass Menschen sich das aussuchen können. Das weiß der Handel aber auch, spielt ihm zusätzlich in die Karten.
Ich stimme dir zu, Norbert. Ich sehe das auch so.
Die Konzerne könnten ja, wenn sie wirklich (nur) nett zu ihren Stammkunden sein wollen, auch eine Kundenkarte rausgeben. Die funktioniert ohne Smartphone, ohne anzugebende (umfangreiche) Daten etc.
Ja, aber so nett sind sie eben nicht, Holger. 😉
Ja, verstehe ich und kann ich nachvollziehen.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass man mit den Daten sinnvolles anfangen könnte (zb.: welcher Standort braucht wann was mehr und wann was weniger (Stichtwort: Lebensmittelverschwendung)). Aber wahrscheinlich wird nur geschaut, wie man das Geld vom Geldbeutel des Kunden in die eigene Tasche bekommt. So sind sie halt ^^
Ja, Christine, sie schauen nur darauf, wie sie das Geld aus dem Geldbeutel der Kund:innen in die eigene Tasche bekommen. Dabei wäre dein Gedanke wirklich sinnvoll.
Danke für deinen Kommentar! 🙏
Was mich eigentlich nur nervt ist, dass es inzwischen für jeden laden ne App gibt… viel zu viel. Meine Daten holen sie sich eh schon überall…
Ja, Sari. das außerdem.
Die “App-only”-Politik schließt Smartphone lose oder datenschutzbewusste Kunden aus, deshalb ist es ein zweischneidiges System.
Ja, genau, Frank! 👍
Ich finde auch, dass viel zu viele Apps im Umlauf sind. Den Überblick habe ich da verloren und ich muss gestehen ich nutze sie auch nicht. Ich mache es noch ganz klassisch und schau in die Werbung was wo im Angebot ist, da kommt man auch günstiger auch ohne App. LG Edeline
Nicht nur das: Am Ende kann man bereits erahnen, dass die Apps eine Falle sind. Noch sind die Rabatte attraktiv und Kunden werden mit zahlreichen Coupons geködert. Aber es liegt in der Logik solcher Unternehmen, dass sie nichts zu verschenken haben und dass diese App-Vorteile bei einer entsprechenden Marktdurchdringung nach und nach immer schlechter werden. Endgame ist dann eine Supermarktapp, die dem Kunden nur wenige Rabatte bietet, ihn aber umfangreich ausspioniert.
Ja, Armin, da hast du vollkommen recht. 👍
Vielen Dank für deinen Kommentar! 🙏
Um ehrlich zu sein, halte ich von den Apps auch nicht.
Ja, und das zu Recht, Julia! 👍
Ich staune auch, wie manche Menschen ihre Daten gegen Rabattmöglichkeiten eintauschen. Aber das mit den Treuekarten vorher war ja eine ähnliche Überwachung.