KI beim Bloggen: Kreativität, Hilfe und die Grenzen von Vorurteilen

Eigentlich wollte ich Weihnachtspause machen, aber eine aktuelle Diskussion um KI und Blogtexte brennt mir unter den Nägeln. Insbesondere einige Aussagen, die ich in einer Forendiskussion geführt habe, haben mich nachdenklich und wütend gemacht. Dabei geht es nicht nur um KI, sondern auch um Ableismus, Vorurteile und pauschale Urteile über Schreibende.

Symbolbild: Schreiben

Pauschalisierungen und unfaire Vorurteile

In der Diskussion wurde mehrfach behauptet, dass Menschen, die beim Schreiben KI nutzen, automatisch weniger kreativ sind oder dass ihre Blogtexte keine Seele haben. Noch problematischer war die Aussage, dass sich Legastheniker:innen wahrscheinlich gar nicht erst an Blogs versuchen würden, sondern ihre Gedanken lieber in Videos oder Liedern ausdrücken würden.

Das ist Ableismus in Reinform. Sie ignoriert die Realität, dass viele Menschen trotz oder gerade wegen ihrer Behinderungen schreiben, reflektieren und Inhalte teilen. Zudem setzt es voraus, dass Kreativität an körperliche oder sprachliche Fähigkeiten gebunden sei, was eine völlig unhaltbare Annahme ist.

Auch pauschale Urteile über die Nutzung von KI sind unangemessen. Ja, es gibt Blogger:innen, die ihre Texte komplett generieren lassen. Aber nicht alle tun das. Viele nutzen KI, um Formulierungen zu verbessern, die Rechtschreibung zu prüfen oder Gedanken zu strukturieren, und investieren dennoch Stunden in die Erstellung ihrer Texte. Ihre Arbeit, Gedanken und Haltung sind nicht weniger echt, nur weil sie ein Werkzeug verwenden.

Warum KI helfen kann – ohne die Persönlichkeit zu zerstören

KI kann ein Werkzeug sein, aber kein Ersatz für Kreativität. Sie nimmt uns unsere Gedanken nicht weg, sondern hilft uns, sie klarer auszudrücken. Das ist besonders für Menschen, die ihre Gedanken nicht aktiv äußern können, eine enorme Hilfe. Nur weil jemand Unterstützung nutzt, bedeutet das nicht, dass seine Inhalte weniger authentisch sind.

In manchen Diskussionen fehlt genau diese differenzierte Sichtweise: Kreativität, Ausdruckskraft und Authentizität entstehen durch Entscheidungen, Haltung und Gedanken, nicht durch das verwendete Werkzeug.

Hinweis: Dieser Text richtet sich nicht gegen einzelne Personen, sondern gegen pauschale Aussagen, Vorurteile und ableistische Sichtweisen, die in der aktuellen Diskussion über KI im Bloggen sichtbar wurden.

Einordnung

Am Ende bleibt festzuhalten: Die Diskussion um KI im Blog ist komplex. Pauschale Urteile helfen nicht weiter. Wer Blogs schreibt, tut dies aus den unterschiedlichsten Gründen: Manche lieben den Schreibprozess an sich, andere wollen ihre Gedanken teilen und nutzen KI als Werkzeug. Beide Ansätze sind legitim, solange die Inhalte eigenständig entwickelt und bewusst erstellt werden.

In der weiteren Diskussion wurde versucht, frühere Aussagen einzuordnen und zu relativieren. Das ist grundsätzlich richtig und wichtig. Gleichzeitig zeigt sich daran, wie schnell Vermutungen oder verallgemeinernde Aussagen unbeabsichtigt ausgrenzend wirken können. Umso mehr braucht es Sensibilität, gerade wenn es um Schreiben, Kreativität und persönliche Voraussetzungen geht.

Für mich ist die Diskussion an dieser Stelle auch beendet. Sie wird zunehmend wirklich sehr unschön und verletzend, und die rote Linie ist für mich schon weit überschritten.

Ableismus, Vorurteile oder Pauschalisierungen haben in dieser Diskussion keinen Platz. Bloggen ist für alle da – mit oder ohne KI, mit oder ohne Behinderungen. Ableismus bezeichnet Vorurteile oder Diskriminierung gegenüber Menschen mit Behinderungen.

Ich sage es noch einmal deutlich: Wegen einiger Aussagen in der Diskussion fühle ich mich als Mensch mit Behinderung wirklich verletzt. Und jetzt braucht mir niemand mit „überempfindlich” zu kommen. Mit der Verletzung meine ich es ernst.

Lorenzo

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11 Kommentare

  1. Dem kann ich nur uneingeschränkt zustimmen.

    Ich nutze KI auch teilweise, um mir ein wenig helfen zu lassen. Die Gründe dafür sind wenig offensichtlich für Menschen, die mich nicht sehr gut und persönlich kennen. Daher haben mich diese Aussagen auch sehr getroffen und traurig/wütend gemacht. Zudem sie auch noch bewusst aus Unwissenheit entstanden sind. Das macht es allerdings noch schlimmer.

    Aber, das ist mir bei KI-Diskussionen im Netz schon oft aufgefallen. Wo sonst über Rücksichtnahme, Respekt und einen gesitteten Umgang geschrieben wird, fallen bei dem Thema alle Hemmungen. Ich befürchte, das wird noch schlimmer werden.

    Und ja, auch ich musste schon meine heftige Reaktion auf dieses Thema erklären. Soviel zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Sagt man was, ist man schnell der Spielverderber in der Diskussion. Das am anderen Ende Menschen mit Gefühlen sitzen, und die auch mal raus müssen, ist halt auch wenig akzeptiert. Dann ist man plötzlich nicht mehr der harte Kerl oder die harte Kerlin.

    1. Danke dir sehr für diesen offenen und ehrlichen Kommentar, Tommi. Genau das ist der Punkt: Die Gründe, warum Menschen KI nutzen, sind oft nicht sichtbar – und trotzdem real. Umso schmerzhafter sind pauschale Aussagen, die aus Unwissen entstehen und dabei Menschen treffen, die ohnehin schon erklären, rechtfertigen oder sich schützen müssen.

      Ich teile deine Beobachtung leider auch: Bei KI-Diskussionen fallen schnell Rücksicht und Empathie weg, selbst in Räumen, die sonst genau dafür stehen. Dass man dann zusätzlich noch erklären muss, warum einen etwas verletzt, macht es nicht leichter. Umso wichtiger ist es, dass solche Stimmen wie unsere gehört werden.

  2. Ich teile deine Ansicht dazu, wie ich ja auch in einigen meiner eigenen Beiträge deutlich gemacht hatte, vollends. Mir persönlich macht die Nutzung der Möglichkeiten, die KI bietet, abgesehen von anderen auf der Hand liegenden Vorteilen, einfach Spaß. Leider gab es auch innerhalb der Blogosphäre einige unschöne Klartextformulierungen, die man sich durchaus hätte sparen können. Kürzlich las ich, dass man besser ein Prompt als Blogpost veröffentlichen könne, als das Ergebnis des Prompts. Als ob man nicht an geschliffenen und orthografisch sauberen Texten Spaß haben dürfte und das Ergebnis des Einsatzes einer KI den Text quasi entwerten könne. Vielleicht legt sich die Aufregung irgendwann wieder. Ich weiß noch, wie heiß es in den Diskussionen um den Gutenberg-Editor zugegangen ist. Die sind heute noch nicht ganz verklungen. Manche haben allen Ernstes sogar die Plattform gewechselt.

    1. Danke dir für deinen Kommentar, Horst. Ich kann gut nachvollziehen, was du schreibst – gerade diese Abwertung von Texten allein aufgrund des eingesetzten Werkzeugs empfinde ich als problematisch. Ein sauber formulierter und gut strukturierter Text verliert nicht automatisch an Wert, nur weil eine KI dabei geholfen hat.

      Dass solche Diskussionen innerhalb der Blogosphäre so schnell scharf werden, finde ich ebenfalls schade. Dein Vergleich mit früheren Debatten, etwa rund um Editor-Wechsel oder Plattformentscheidungen, trifft es ziemlich gut. Vielleicht legt sich die Aufregung tatsächlich mit der Zeit – wünschenswert wäre es auf jeden Fall.

  3. Da ich zwei- oder mehrsprachig zu bloggen versuche, finde ich es interessant, die KI mal zu fragen, ob dies oder das als normale Sprache durchgeht. Will heißen: ich habe zwar Lehrbuch-Koreanisch drauf, auf der Straße oder in Unterhaltungen spricht aber niemand so. (Das sind diese Lehrbuchsätze „Ich hätte bitte gerne 4 Tomaten, 3 Gurken und dann noch dieses Kofferradio“). Das Problem bei der KI und Koreanisch ist nur, dass sie verdammt wenig zu trainieren bekommen hat, also sprich: auch nichts genaues weiß. (Also kann/ muss ich oft drauf verzichten) Was ich sagen will: wenn mit KI-Hilfe interessante Texte herauskommen: macht. Wer nichts zusammenfassen mag oder kann, soll sich doch helfen lassen. Und wer in einem Projekt eine gesamte Persönlichkeit künstlich anlegt, soll es doch machen, wenn danach was lesbares kommt? Was nützt Authentizität, wenn es stinklangweilig ist? Ich persönlich hab zwar eher weniger Lust, die KI zu nutzen, besonders das ganze Getöse rund um die KI in den Medien geht mir auf den Keks, aber jeder will doch eigentlich nur, dass Leute die Texte interessant finden: also macht es. In diesem Sinne, Lorenzo, nur gelesenermaßen bekannt zwar, dir schon mal ein frohes neues Jahr (mit noch mehr Leser*innen). Deinen Blog lese ich nämlich gerne, auch wenn ich mir Kommentare nicht immer zutraue.

    1. Vielen Dank für deinen ausführlichen und reflektierten Kommentar, Holger, und den Einblick in deine mehrsprachige Blogging-Praxis. Das zeigt sehr gut, dass KI nicht „faul macht“, sondern in bestimmten Kontexten dabei helfen kann, Nuancen, Alltagssprache oder Verständlichkeit besser einzuschätzen.

      Deinen Punkt zur Authentizität versus Lesbarkeit finde ich wichtig. Letzten Endes möchten wir alle gelesen werden, unsere Gedanken teilen und Resonanz erzeugen. Der Weg dahin kann unterschiedlich sein, und das sollte man akzeptieren.

      Vielen Dank auch für deine lieben Worte zu meinem Blog und die Neujahrswünsche. Das freut mich wirklich sehr. Übrigens ist Kommentieren kein Muss, gelesen werden zählt genauso. Dir ebenfalls ein gutes neues Jahr!

  4. Hallo Lorenzo,
    für mich ist ChatGPT auch zu einem ordentlichen Praktikanten geworden, der mir hier und da die Arbeit etwas erleichtert. Und sogar ich als studierte Germanistin lasse mir mittlerweile gern meine Texte Korrekturlesen, denn unfehlbar ist ja niemand und wenn es dem Lesefluss hilft, warum nicht?! Trotzdem bleiben es noch meine eigenen Texte. Mein sämtlichen Abschlussarbeiten haben auch Leute Korrektur gelesen und dennoch bleiben sie mein geistiges Eigentum.
    Und ja: ich finde KI für Teilhabe von unschätzbarem Wert. Sei es für Menschen mit Behinderung oder auch für Menschen, die Deutsch als Zweitsprache lernen. Richtig eingesetzt kann KI total gut über Barrieren hinweg helfen.

    Allerdings habe ich, wenn ich mich so umschaue, den Eindruck, dass viele Leute sich auf Knopfdruck was generieren lassen, dessen Inhalt sie selber nicht so gut kennen oder gar verstehen. Da hört dann mein Verständnis auf. Ob das nun Blogger sind oder Schüler, die so versuchen zu cheaten… das führt keinen weiter.

    Die Diskussion ist an mir vorbei gegangen, wahrscheinlich besser so. Sonst hätte ich mich auch wieder aufgeregt.

    1. Hallo Kerstin,

      vielen Dank für deinen Kommentar – ich kann dir da nur zustimmen. Genau das sehe ich auch: KI kann ein großartiges Hilfsmittel sein, insbesondere für Menschen mit Behinderungen oder Sprachbarrieren. Solange man die Inhalte selbst verantwortet und reflektiert, wird die Authentizität oder Kreativität überhaupt nicht gemindert.

      Wenn Texte jedoch nur auf Knopfdruck generiert werden, ohne dass man sie versteht oder überprüft, hört bei mir auch das Verständnis auf. Deshalb finde ich es wichtig, differenziert zu betrachten, warum und wie KI eingesetzt wird.

      Vielen Dank, dass du deine Sicht so klar und nachvollziehbar geteilt hast – das erleichtert den Dialog ungemein!

  5. hallo lorenzo,

    ich habe mit KI beruflich viel zu tun. und aus diesem erfahrungsschatz lehne ich FÜR MICH KI-unterstützung beim bloggen total ab. klar gibt es gründe, warum ein blogger chatGPT und co. nutzen mag (behinderung etc., ihr habt es beschrieben).

    aber all eure blogs sind, soweit ich das überblicken kann, nicht profit-orientiert, warum wollt ihr dann alle wie ein pressetext klingen? unter einem persönlichen blog verstehe ich eine andere herangehensweise. da kommt es nicht auf eine bestimmte textlänge an, da dürfen auch mal fehler unentdeckt bleiben. gerade DESWEGEN lese ich persönliche blogs.

    ihr seht das anders, das kann ich verstehen. ich wollte nur darlegen, warum es blogger und leser gibt, die keinen bock auf (möglicherweise) glattgespülte KI-blogartikel haben.

    1. Hallo Kalle,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Ich kann deine Sichtweise gut nachvollziehen. Ich stimme dir zu, dass persönliche Blogs gerade durch die eigene Handschrift, kleine Unvollkommenheiten und individuelle Ausdrucksweisen lebendig und interessant bleiben. Gerade das macht ihren Charme aus.

      Für mich gilt: KI kann ein Werkzeug sein, um Gedanken zu strukturieren oder Formulierungen zu verbessern, ohne dass Inhalte, Haltung oder Kreativität verloren gehen. Es kommt also sehr darauf an, wie und warum man KI einsetzt – und das kann von Blogger:in zu Blogger:in unterschiedlich sein.

      Ich finde es gut, dass du deutlich machst, warum manche Leser:innen und Blogger:innen „glattgespülte“ Texte ablehnen. Diese Diskussion zeigt nur, wie vielfältig die Blogosphäre ist – und genau das ist ja spannend.

  6. Das jemand, der Probleme mit der Orthografie und Grammatik hat, sich anderer Hilfsmittel bedient, als Menschen ohne Handicap ist für mich völlig verständlich. Aber KI ? Reicht da nicht ein Rechtschreibprogramm? Nun bin ich nicht in der Situation und kann es daher nicht beurteilen- und: mir fehlen dazu die praktischen Erfahrungen. Will sagen: ich weiß auch gar nicht, wie man mittels KI einen Artikel schreibt. Warum? Es ist ja MEIN Blog, also sollen auch MEINE Gedanken dort lesbar sein- so wie ich rede, denke. Natürlich ohne deftige Flüche. (Ja, ich Fluche und manchmal auch nicht Gesellschaftskonform) Sagen wir mal so: wenn jemand Eine KI „bittet“ ihm einen Artikel über das Problem X mit der Meinung Y zu schreiben, dann sollte er keinen Blog betreiben. Das ist nicht authentisch, sondern eine Meinung aus dem Netz.
    Übrigens: Das mit den Komata- wann und wo, habe ich bis heute nicht begriffen. Ich mache das immer noch nach Gefühl.

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