Diskriminierung im Alltag

Die ehemalige Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat vor über einem Jahr mehrere Gesetzesverschärfungen gegen diskriminierende Sprache und hetzerische Beleidigungen auf den Weg gebracht. Sowas ist sehr löblich und schön, aber ich bezweifele stark, ob die „Täter*innen“ sich davon beeindrucken lassen. Es gab ja vorher auch schon Mobbing-Gesetze. Und nichts passiert. Klar brauchen wir härtere Gesetze gegen Diskriminierung, aber was nützen die besten Gesetze, wenn man sie nicht anwendet?

Warum immer dieser Hass?

Da stellt sich mir aber auch die Frage: Warum gibt es Diskriminierung bzw. Mobbing im Alltag überhaupt? Wieso dieser Hass immer? Besonders in den sozialen Medien. Das kann ich nicht verstehen. Wenn ich zum Bespiel die Fotos von einer Influencerin oder einem Influencer bzw. die Person nicht mag, folge ich ihr einfach nicht?

Wozu brauchen sie von mir noch Hasskommentare? Weil es mir nur Spaß macht? Die Influencerinnen und Bloggerinnen stehen zwar in der Öffentlichkeit, aber das heißt doch nicht, dass man respektlos gegen sie sein darf. Man kann ja durchaus seine Meinung bzw. Kritik äußern, aber eben immer nur sachlich.

Andersrum kann sowas schnell dramatisch enden. Sogar mit Selbstmord wie der neue traurige Fall von einer Influencerin letztes Jahr zeigte. Das macht mich wirklich betroffen! Mobbing ist genauso schlimm wie körperliche Gewalt oder nicht? Beispiele gibt es ja genug.

Ich höre öfter: Hey Spasti!

Ich als Behinderter erlebe auch Diskriminierung. Und das macht mich auch traurig. Ich höre öfter Hey Spasti oder Vollspast und ein mieses Lachen hinter mir. Oder ich werde nur dumm angeglotzt, als ob ich die Pest hätte. Ja, das ist auch eine Art von Kränkung. Dabei gehört Spasti zum normalen Sprachgebrauch unter Jugendlichen. Wenn sich einer komisch bewegt, ist er ein Spasti. Sowas ist aber für mich nicht witzig.

Wenn ich solche Worte auf der Straße höre, versuche ich schnell aus der Situation zu flüchten. Mehr kann ich leider nicht machen. Ich kann nicht aktiv sprechen. Wenn ich es könnte, hätte ich einen passenden Spruch auf Lager.

Ich bewege mich aufgrund meiner Behinderung vielleicht etwas komisch. Was ist so interessant daran? Kann einer mir das mal sagen? Ich habe nur eine Behinderung und mehr nicht. Nein, ich bin auch nicht blöd im Kopf, auch wenn ich nicht aktiv sprechen kann!

Im Netz oder in den sozialen Medien habe ich Mobbing noch selten erlebt, aber das liegt wahrscheinlich nur daran, dass mein privater Blog und ich noch nicht so bekannt sind. Sobald das sich ändert, werde ich auch Hasskommentare bekommen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche – leider. Bekannt oder gar berühmt zu sein muss aber doch nicht mit Diskriminierung bezahlt werden müssen oder?

Viele Frauen wollen einen nichtbehinderten Versorger

Auch in der Liebe erfahre ich so eine Art von Diskriminierung. Viele Frauen sehen nur die Behinderung und nicht den Menschen dahinter. Sie wollen oft auch nur einen „nichtbehinderten“ Versorger. Oder sie haben Angst vor der angeblichen Belastung oder davor, was ihre Familie und Freunde sagen. Aber dabei brauche ich im Alltag wirklich nur minimale Hilfe. Und ich kann außerdem auch viel Hilfe geben. Ich bin ziemlich stark, auch wenn man es nicht so direkt sieht. Das ist zwar keine offene Diskriminierung, aber für mich fühlt es sich gleich so an.

Auch beruflich erlebe ich Diskriminierung

Und beruflich erlebe ich es auch. Seit vier Jahren bin ich wieder arbeitslos und kein neuer Job ist in Sicht. Wegen meiner schweren Behinderung bekomme ich auf dem Arbeitsmarkt eigentlich keine faire Chance. An meiner guten Schulbildung und Ausbildung kann es ja nicht liegen oder? Ich habe schließlich Fachabitur und bin gelernter Bürokaufmann. Das Fachabitur machte ich auf einer normalen Höheren Handelsschule. Wahrscheinlich haben Personalchefs Scheu davor sich mit der Situation von Behinderten auseinanderzusetzen. Wer weiß das schon so genau? Ich gebe auf jeden Fall nicht auf. In der Liebe auch nicht. Irgendwann finde ich schon mein Glück.

Gegen Diskriminierung kämpfe ich unabhängig davon hier auf meinem Blog, in der lokalen Politik und im Alltag unbeirrt weiter. Wie es bisher läuft, darf es eindeutig nicht weitergehen.

Lorenzo

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6 Kommentare

  1. Sehr gut geschrieben, leider beschäftigen sich nicht alle Leute mit Behinderungen oder haben sogar berührungsängste.
    Aus Unsicherheit folgt meist Diskriminierung. Das kenne ich auch. Darum mach einfach weiter. Du könntest auch ein Buch dazu schreiben. Schaue auch Mal auf meinem Blog vorbei riablog.de in deinen Browser schreiben und schon ist du auf meiner Seite.

    1. Danke, Ria! Über dein Lob freue ich mich sehr. 😀

      Ja, stimmt. Ich sehe es auch so ähnlich wie du. Deswegen mache ich natürlich weiter. Vielleicht bringe ich so einige zum Umdenken.

      Auf deinem Blog war ich zweimal schon und werde es in der Zukunft auch öfters tun.

      Lorenzo

  2. Tja, gegen Dummheit ist leider kein Kraut gewachsen… Menschen, die andere herabsetzen, haben das nötig, weil sie ihr eigenes Kleinchen dadurch vor sich selbst überhöhen. Und die sozialen Netzwerke werden leider immer asozialer. Sich mit solchen Menschen auseinanderzusetzen bringt meist nichts. Bleibt einem nur zu denken: Du mich auch …

    1. Ja, du triffst es leider auf dem Punkt, Marina. Es ist schon traurig, dass man sowas wie wir sagen müssen. Aber vielleicht rege ich mit meinem Blogbeitrag einige zum Nachdenken an. Das wäre gut!

      Lorenzo

  3. Ich denke, das was du tust Lorenzo, ist genau richtig: Du machst Dich als Betroffener sichtbar und weist anhand deiner eigenen Geschichte auf die Problematik der Ausgrenzung, bzw. Ghettoisierung innerhalb unserer Gesellschaft hin. Das ist auf jeden Fall gut und wichtig!

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