Ein paar Sachen

Heute möchte ich dir wieder ein paar Sachen erzählen, die mich gerade beschäftigen. Die erste Sache ist das Denken in der Arbeitswelt: Wenn man keinen Job oder wenig Geld hat, zählt man in der Gesellschaft nichts. Aber wenn man mit einem fetten Job und viel Geld um die Ecke kommt, wird man entsprechend hofiert. Dumm gedacht!

Denn nicht alle Bürgergeldempfänger sind nur faul und schnorren. Viele finden aus verschiedenen Gründen einfach keinen Job mehr, so wie ich. Ich würde ja gerne arbeiten, aber durch meine Behinderung kann ich vieles nicht so schnell oder gar nicht. Die Arbeitswelt ist darauf kaum eingestellt. Deshalb hält mich das Jobcenter schon seit einiger Zeit nicht mehr für arbeitsfähig. Deshalb habe ich im November bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt, der jetzt leider abgelehnt wurde.

Nicht gleichwertig

Letzten Donnerstag war ich deshalb beim Jobcenter, um zu klären, wie es weitergeht. Das Ergebnis ist, dass jetzt Wege in die Grundsicherung eingeleitet werden. Also Sozialamt. Ich bekäme ungefähr das gleiche Geld und müsste mich nicht immer rechtfertigen. Aber bis das geklärt ist, lässt mich das Jobcenter in Ruhe. Auf der einen Seite ist es schade, dass ich so nicht mehr arbeiten kann, aber auf der anderen Seite habe ich keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt. Erst recht, wenn das Jobcenter wegen meiner Erwerbsunfähigkeit keine Zuschüsse mehr an mögliche Arbeitgeber zahlt, wenn sie mich einstellen wollen, aber so ist es nun mal. Ich habe sowieso keine Lust mehr, ewig auf Arbeit zu hoffen und regelmäßig zum Jobcenter zu gehen. Nur schade, dass ich ohne Arbeit in der Gesellschaft nicht als gleichwertig angesehen werde, das ärgert mich an der ganzen Geschichte sehr. 🙁

Gerade mal 1%

Natürlich gibt es auch Bürgergeldempfänger, die nicht arbeiten wollen, aber das sind gerade mal 1%. Aber das sagen meine politischen Kolleginnen natürlich nicht und tun so, als ob man mit dem Bürgergeld nur ein sorgenfreies Leben hätte. Das stimmt aber nicht. Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen. Mit dem Geld muss man sich sehr genau überlegen, was man sich überhaupt noch leisten kann. Auch was man noch essen kann. Deshalb gehen viele schon zu den Tafeln, um überhaupt etwas zu essen zu haben. Und das soll ein sorgenfreies Leben sein? Im Ernst? Aber man muss das Märchen vom Bürgergeld erzählen und wieder härtere Sanktionen einführen. Toll, alles wegen einer Minderheit. Statt ewig an den Sozialleistungen sparen zu wollen, würde ich anderswo sparen, aber meine politischen Kolleginnen haben Angst, dann nicht mehr gewählt zu werden. 🙄

Die zweite Sache

Und die zweite Sache ist noch viel schlimmer: Denn wir sind von einem Mitglied der AfD-Fraktion im Bundestag sogar als „arbeitsscheue Elemente“ bezeichnet worden. Das ist reiner Nazi-Sprech, den wir schon aus der Zeit von 1933 bis 1945 kennen. Es ist schon sehr traurig, dass man so etwas heute wieder so ungeniert sagen kann. Gerade im Bundestag. Als ob wir wirklich nichts aus unserer Geschichte gelernt hätten. 😡

Die dritte Sache

Die dritte Sache ist, dass ich nicht nur behindert bin, sondern auch ein Mann. Ich habe auch Gefühle, Bedürfnisse und Sehnsüchte nach Liebe, körperlicher Nähe, Sex und Zärtlichkeit, wie ein „normaler“ Mann. Aber meine Behinderung ist oft ein Hindernis. Es ist nicht so, dass ich meine Behinderung nicht akzeptiere, aber manchmal möchte ich einfach nur laut schreien können: „Hallo, ich bin auch ein Mann und kein behinderter Kasper. Verdammt noch mal!“

Natürlich muss ich als Mann nicht jedem gefallen. Das will ich auch nicht, aber es wäre schön, wenn ich wenigstens bei ein paar Menschen eine reelle Chance auf ein Kennenlernen beziehungsweise auf eine Liebe hätte. Ich erwarte da nichts Großes. Wenn es dann passt, ist es gut und wenn es nicht passt, dann ist es eben so. Aber so oft gleich abzublocken, das ist absolut schrecklich.

Lorenzo

PS: Du darfst diesen Blogbeitrag hier mit den nachfolgenden Buttons gerne teilen:

8 Kommentare

  1. Es ist wirklich nicht einfach. Es tut mir leid, dass es so unnötig schwer gemacht wird.

    Zum Thema Jobcenter und Co kann ich nur sagen, dass es wieder einmal eine bürokratische Unverschämtheit ist. Einerseits erklären die einen zu nicht arbeitsfähig, andererseits wird einem dann aber auch nicht wirklich auf anderem Wege geholfen und letztendlich wird man irgendwie in die Schuldenfalle gedrängt. Als ich damals aus der Ausbildung kam war ich auch nur einen Monat Arbeitslos, hatte direkt einen neuen Job gefunden, der aber erst einen Monat später anfangen würde. Für den Monat dazwischen musste ich ewig kämpfen und habe letztendlich erst Monate nach Antritt meiner Arbeit das Geld für diese Zeit gesehen, in der ich mir alles leihen musste für Unterhalt und Co… verrückt.

  2. Du hast wahrhaftig keinen Grund, dich von diesen dummen Anwürfen angesprochen zu fühlen! Selbst die schlimmsten Hetzer unter diesen Personen würden bei genauerem Hinsehen (auf deine Vita in diesem Blog z.B.) ihre Vorwürfe nicht AN DICH richten!
    Es ist bewundernswert, wieviel Engagement du trotz deiner Behinderung zeigst – und auch, dass du in diesem Blog deine Gedanken teilst. Du schreibst richtig gut!
    Zu Punkt 3 kann ich nichts sagen, außer: Ja, es ist tragisch – und ich kann mir vorstellen, wie beschissen das für dich ist. Fühl dich umarmt!

  3. Da kann ich mich nur anschließen. Viele Leute hauen mit Vorurteilen um sich, ohne die genauen Gründe für die Arbeitslosigkeit/Arbeitsunfähigkeit zu wissen. Weil ich selber (aus psychischen Gründen) in der mündlichen Kommunikation eingeschränkt bin, weiß ich das nur zu gut.

    1. Julia, das glaube ich dir sofort. Für dich ist es bestimmt auch schwer. Danke für deinen Kommentar und deine Unterstützung. Das mit den Vorurteilen ist echt schlimm.

      Lorenzo

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert