Morgen ist der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Er wird von den Vereinten Nationen als Gedenk- und Aktionstag ausgerufen, um die Öffentlichkeit für die Probleme von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren und das Engagement für diese Menschen zu fördern. Das ist richtig und wichtig, aber ich finde es eigentlich schlimm genug, dass wir Menschen mit Behinderungen überhaupt einen solchen internationalen Tag brauchen.
Warum sind Inklusion und Gleichberechtigung heute noch nicht selbstverständlich oder werden wieder in Frage gestellt? Jeder achte Mensch in Deutschland hat eine Behinderung. Warum müssen wir dann immer noch für unsere Rechte und Inklusion kämpfen, wie ich in meiner Kolumne „Krüppel oder Depp? Es ist egal, wie man uns nennt“ im Oktober 2022 angesprochen habe? Im Alltag, in der Arbeitswelt, in der Liebe, in der Sexualität. Das will mir nicht in den Kopf. Wir sehen vielleicht komisch aus, aber wir sind nicht dumm.
Ich zum Beispiel gelte seit August nach sechs Jahren Arbeitslosigkeit als voll erwerbsgemindert, weil es einfach keine Arbeit mehr für mich gibt. Dabei habe ich „nur“ eine Behinderung und es fehlen Fachkräfte. Im Kopf bin ich manchmal klarer als Menschen ohne Behinderungen. 😉
Zum Glück habe ich noch meine Aufgaben in meinem grünen Ortsverband, in der Kommunalpolitik, in meinem grünen Kreisverband, bei den Grünen Schleswig-Holstein, beim Dorfladen Alveslohe und bei der Norderstedter Tafel. Alles ehrenamtlich, aber immerhin. Und das ist für mich gelebte Inklusion. 🙂 Das heißt auch nicht, dass ich die Flinte ins Korn werfe, sondern dass ich Dinge mache, die mir Spaß machen, die mir wichtig sind, die mich ausfüllen. Mir ist es auch egal, dass ich alles ehrenamtlich mache und fast nichts verdiene.
Natürlich hätte ich gerne mehr Geld. Was mich am meisten stört, ist, dass pauschal gesagt wird, Arbeitslose lägen nur faul herum. Das sind meiner Meinung nach dumme Vorurteile. Genauso wie zum Beispiel, dass Menschen mit Behinderungen nichts können, nur dumm sind und eine Belastung für die Gesellschaft sind. Das stimmt einfach nicht. Ich zum Beispiel habe die Fachoberschulreife und eine Ausbildung zum Bürokaufmann gemacht.
Was mich noch ärgert, ist, dass uns viel zu oft das Bedürfnis nach Liebe und Sexualität abgesprochen wird und nichts getan wird. Ja, manche Menschen mit Behinderung brauchen vielleicht Hilfe dabei. Na und? Was ist daran so schlimm?
Wie siehst du das Thema und Inklusion? Hast du Fragen an mich? Dann schreibe mir hier unten doch einfach einen Kommentar.
Lorenzo
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Hey Lorenzo
Inklusion ist wichtig, keine Frage, aber gerade was Schule angeht, wird am falschen Ende gespart.
Gern können wir auch privat per E-Mail darüber diskutieren. Dann kann ich es dir auch besser erklären.
Und nein, jeder Mensch ist wichtig und sollte ernst genommen werden – egal ob mit oder ohne Behinderung.
Liebe Grüße, Anja
Hallo Anja,
danke für deinen Kommentar. Das freut mich sehr. Und es ist auch schön zu sehen, dass du das genauso siehst.
Ja, wir können das Thema gerne privat weiter diskutieren.
Grüße, Lorenzo
Ich bin ganz bei dir… da ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig, um Klischees, Unconscious Bias und Berührungsängste abzubauen. *seufz
Vor allem ist die Welt ja auch nicht so schwarz-weiß, hier die einen, da die anderen – nicht alle Behinderungen sind sichtbar, und viele Behinderungen entstehen erst im Laufe eines Lebens durch Unfälle oder Krankheiten wie bei mir mit der MS. Wer heute von oben herab über „die Behinderten“ spricht, kann morgen selber behindert sein. Und Behinderung ist nicht gleich Behinderung… sieht man gerade mal wieder bei den Diskussionen um Barrierefreiheit auf Webseiten.
Liebe Grüße
Anne
Ja, Anne, du hast Recht. Nicht jede Behinderung ist sichtbar. Wenn ich von Inklusion oder Minderheiten spreche, dann meine ich natürlich auch euch. Ihr habt natürlich auch Rechte. Und ja, es kann schnell passieren, dass man selbst eine Behinderung hat. Dann ist der Aufschrei groß, aber vorher nicht. Deshalb müssen wir immer wieder für Inklusion kämpfen. Leider!
Lorenzo
Das denke ich in so manchen Bereichen, dass es noch immer nicht selbstverständlich ist. Warum so viele homosexuelle sich immer noch verstecken, warum transexuelle immer noch nicht anerkannt sind, warum viele Frauen immer noch um Gleichberechtigung kämpfen müssen. Es ist banal, aber ich denke auch immer, dass ein Muttertag überflüssig ist. An jedem anderen Tag sind diese Menschen genauso wichtig und sollten Wertschätzung erhalten, wie an jedem anderen Tag auch. Aber die Menschen sind dumm und nicht lernfähig und teilweise habe ich das Gefühl, dass wir in unserer Entwicklung derzeit massiv zurück gehen… und das ist erschreckend.
Ich hätte es nicht besser schreiben können, Sari. Du bringst es auf den Punkt. Ich habe nichts hinzuzufügen.
Lorenzo
Leider traurig, aber wahr. Leider bekommt man von der Gesellschaft immer einen Stempel auf gedrückt. Und Behindert ist auch nicht gleich behindert, wenn Du verstehst was ich meine – es gibt viele wo man die Behinderung auch nicht gleich ansieht.
Leider mangelt es noch zu sehr an vielen Ecken an Aufklärungsarbeit, egal ob Menschen mit Behinderungen, Geschlechter oder Sexualität – ich muss da Sari leider Recht geben, dass wir derzeit auch wieder zurück gehen in der Entwicklung. Es wird aber auch in der heutigen Gesellschaft und in der Politik noch zu wenig darüber gesprochen und aufgeklärt schon gar nicht.
Edeline, ja, ich verstehe, was du meinst. Daran denke ich auch immer, wenn ich über Inklusion spreche oder schreibe. Und Sari hat damit absolut Recht. Wir sind wirklich dabei, die Entwicklung zurückzudrehen und das macht mir Angst.
Lorenzo